DER LANDKREIS ELBING   
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KAHLBERG-LIEP (Gemeinde)


Dort, wo heute der beiliebte Badeort der Elbinger sich befindet, war in der Ordenszeit nur ein kahler Berg. Das war bemerkenswert, da damals die ganze Nehrung bewaldet war. Von dem „kahlen Berg“, einer Düne, die natürlich schon längst im Haff verschwunden ist, hat der Ort seinen Namen.


In den Augen der ordenszeitlichen Elbinger war die Nehrung nur eine öde, wüste Gegend, kein Platz für gesittete Menschen. Daher ließ die Stadt damals auch Geisteskranke auf der Nehrung aussetzen, wo sie meist elendiglich umkamen.


In der ältesten Zeit soll zwischen Kahlberg und dem „Kamelrücken“ ein Tief bestanden haben, das sogenannte „Kalenberger Tief“ (Siehe Geologische Karte der Provinz Preußen, Sektion 13 Frauenburg).


Ein Dorf Kahlberg hat es in der Ordenszeit nicht gegeben, nur einen Krug gab es dort. Krüge waren auf der Nehrung sehr nötig, da hier die große Landstraße von Danzig nach Königsberg ging. Der Kahlberger Krug ist am 20. August 1424 von dem Elbinger Komtur Heinrich Hold (1416-28) begründet worden. Die Handfeste für den Krug stellte er damals im Ordenshause Pr. Holland aus. Der erste Krüger hieß Niklas Wildenberg und hatte jährlich am Margaretentag zwei Mark zu zinsen.


Mögen auch schon 1424 vereinzelte Fischer an der Stelle gesiedelt haben, wo heute Kahlberg liegt, so darf doch dieses Jahr als das Gründungsjahr Kahlbergs bezeichnet werden. Kahlberg kann also 1924 das Fest seines 500jährigen Bestehens feiern.


Als das Dorf Schmergrube zwischen 1644 und 1728 versandete, sollen seine Bewohner nach Kahlberg gezogen sein. Doch ist das nur eine Vermutung.


In der polnischen Zeit war Kahlberg mit de ganzen Nehrung bis zum Grenzhaus im Besitz der Stadt Danzig. Dieser Nehrungsteil gehörte ja auch noch bis kurz vor Begründung des Freistaates Danzig (1920) zum Kreis Danziger Niederung, und erst damals wurde die alte ordenszeitliche Verbindung mit Elbing wiederhergestellt.


Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war Kahlberg noch sehr klein. 1814 wohnten dort nur vier Fischer. Damals begann der Danziger Magistrat auch die bis dahin kahle Düne zu bepflanzen.


Wie in der Ordenszeit führte noch die große Straße von Danzig nach Königsberg über die Nehrung. Und wenn damals diesem Umstande Kahlberg den Krug zu verdanken hatte, so war es jetzt Poststation; denn auf de Straße, die jetzt Poststraße geworden war, verkehrte eine vierspännige Post. Die nächste Poststation nach Danzig zu war Stutthof, nach Königsberg zu Narmeln. Die Kahlberger Poststation befand sich dort, wo heute Bellevue liegt. Sie war zugleich Gasthaus und hatte Stallung und Scheune, außerdem ein Nebenhaus an de Stelle des heutigen „Schwarzen Walfisches“.


Zum Badeort wurde Kahlberg 1841 durch die regelmäßige Dampferverbindung zwischen Elbing und Königsberg. Aber schon vorher waren zuweilen badelustige Gesellschaften aus Elbing und Braunsberg mit Segelschiffen nach Kahlberg gekommen. Mit der Dampfschiffahrt hängt Kahlbergs Aufstieg zusammen. Sie begann bereits 1828 in Elbing. Aber der damalige Versuch mit dem Dampfer „Copernicus“ schlug fehlt. 1840 aber ließen fünf Elbinger Kaufleute, I. Grunau, F.W. Haertel, G.W. Haertel, L.S. Hirsch und August v.Roy, einen neuen Dampfer, die „Schwalbe“ zu bauen. Am 21. September 1840 begann dieses Schiff seine regelmäßigen Fahrten nach Königsberg, am 1. Juli 1841 nach Kahlberg. 1842 kauften jene Kaufleute einen zweiten Dampfer, den „Falken“. 1843 wurde das „Belvedere“ in Kahlberg eröffnet. Das Dampfboot-Konsortium, das aus jenen fünf Kaufleuten bestand, hat das Verdienst, den Seebadeort Kahlberg geschaffen zu haben. Es wurden Logierhäuser gebaut, Gasthäuser errichtet und bequeme Wege angelegt. Das Konsortium erstand 1842 von de Stadt Danzig, der die Nehrung gehörte, fünf Morgen Land. Der Besitz wurde 1844 noch um acht Morgen vergrößert. die erste Villa erbaute der Kommerzienrat Grunau 1843 in form eines griechischen Tempels dort, wo heute die Germania sich befindet. Nach und nach entstanden noch mehr Villen. Am Südfuße des Belvedere schuf Georg Wilhelm Haertel die Terrassen, die noch heute den schönsten Schmuck Kahlbergs bilden.


1872 entstand die Aktiengesellschaft Seebad Kahlberg. Ihr erster Direktor war Hermann Jebens. 1876 kaufte die Aktiengesellschaft von der Stadt Danzig noch 218 Morgen. Das war der größte Landerwerb. Dadurch erlangte der Grundbesitz des Seebades erste seine heutige Ausdehnung. Im Herbst 1876 erwarb der Fiskus die Frische Nehrung, soweit sie sich im Besitz der Stadt Danzig befand.


1896 wurde Georg Wilhelm Hartel in den Anlagen ein Denkmal gesetzt. So groß auch die Verdienste dieses Mannes um die Begründung des Seebades Kahlberg sind, so ist es dich ungerecht, ihn den Begründer zu nennen. Es waren ihrer vielmehr fünf, jene oben genannten Elbinger Kaufleute, die 1841 den Dampferverkehr mit Kahlberg eröffneten: Kommerzienrat Ignatz Grunau, Kommerzienrat Friedrich Wilhelm Haertel, Kaufmann Georg Wilhelm Haertel, Stadtrat S. Hirsch und August von Roy.


Als anfangs der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts der Besuch des Seebades Kahlberg allmählich in Aufnahme kam, herrschte eine große Begeisterung für den neugewonnenen Ausflugsort. Die Presse brachte zum Teil etwas überschwängliche Berichte über die Vorzüge Kahlbergs. Man prophezeite, Kahlberg würde bald alle übrigen Seebadeorte, Zoppot nicht ausgenommen, an Schönheit und Heilsamkeit überragen. Wenn diese Prophezeiung auch nicht eingetroffen ist, so können doch die Vorzüge Kahlbergs vor anderen Seebadeorten, die besonders in seiner Lage auf der Nehrung bestehen, die auf der einen Seite das Meer, auf der anderen das Haff hat, nicht bezweifelt werden. Kahlberg hat gerade für die Industriestadt Elbing heute einen fast unersetzlichen Wert.


Eine kleine Episode aus den Entstehungsjahren des Seebades Kahlberg möge hier wenigstens gestreift werden. Man nennt sie den „Vogelkrieg“, und sie bewegte damals die Gemüter sehr, ein Zeichen, wie harmlos und anspruchslos jene Zeit war. Bekanntlich besorgten die beiden Dampfboote „Schwalbe“ und „Falke“ den Verkehr zwischen Elbing und Kahlberg. Kommerzienrat Ignatz Grunau wollte 1846 noch ein drittes Dampfboot, das „Gänschen“, das ihm persönlich gehörte, in den Dienst dieses Verkehrs stellen. Das Dampfbootkonsortium aber, zu dem Grunau selbst gehörte, war dagegen. Grunau führte seinen Plan trotzdem während einiger Wochen durch. Diese an sich ganz nichtssagende Angelegenheit aber verursachte in der guten Stadt Elbing von 1846 ein leidenschaftliches Für-und Wider-Parteiergreifen, eben den humoristisch genannten „Vogelkrieg“, auch ein Zeichen dafür, wie wenig Sorgen die Menschen damals hatten.


Kahlberg hat eine einklassige Schule.


Kahlberg bildet heute mit Liep zusammen eine Gemeinde. Das Wort Liep ist wohl slavischen Ursprungs und bedeutet soviel wie Linde. Eine „Urkunde von 1282 spricht von „arbor tilia“, eine Bezeichnung, die als Liep gedeutet wird, da lipa die slavische Bezeichnung für Linde ist, wie sie uns die Leipe im Spreewald und in Leipzig in umgeänderter Form entgegentritt“ Bei Liep war in der Vorordenszeit die ursprüngliche Grenze zwischen Pommerellen und Preußen, Später in der Ordenszeit die Grenze zwischen den Bistümern Samland und Kujawien.


Die Dorfsgemarkung Kahlberg-Liep hat (das war 1925) 220 ha und 605 Bewohner.




(         Hannelore Albuszies)