DER LANDKREIS ELBING   
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ELLERWALD I - V


In der Ordenszeit war das fruchtbare, gut besiedelte Gebiet, das wir noch heute den Ellerwald nennen, ein großer Sumpf. Auch in der ersten polnischen Zeit (1466-1772) konnte es noch nicht besiedelt werden. Als aber 1495 der Kraffohlkanal angelegt wurde, da baute man auch den Deich, der den Ellerwald gegen das Haff schützt. Um dieselbe Zeit wird man auch einen Staudeich auf dem rechten Nogatufer gezogen haben, um den Ellerwald, der, soweit es ging, als Weide benutzt wurde, gegen das Wasser der Nogat zu schützen. Er war mit vielen Erlen oder Ellern bestanden und hat daher seinen Namen.

1563 war man soweit, daß man an eine Besiedlung des Ellerwaldes denken konnte. In diesem Jahr bat die „präsentierende Gemeinde“ – nach unseren Begriffen etwa die Stadtverordnetenversammlung – den Rat, den Ellerwald, der den Bürgern gehörte, aufzuteilen. Der Rat kam dem Wunsche der Bürgerschaft nach. Der Ellerwald wurde am 10. Februar 1565 unter die Hausbesitzer der Altstadt verteilt. An diesem Tage also ist der Ellerwald begründet worden, wenn natürlich die Besiedlung sich einige Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinzog. Damals, 1565, baute man auch die Staudeiche des Ellerwaldes zu Winterdeichen aus.

Der Ellerwald spiegelt in seiner Aufteilung genau das Stadtbild wieder. Fünf Hauptstraßen gab es in der Altstadt Elbing. So wurden auch im Ellerwald von Osten nach Westen fünf Wege oder Triften angelegt. Was aber in Elbing der Alte Markt ist, der jene fünf Hauptstraßen schneidet, das ist in Ellerwald die Quertrift. Der gesamte Ellerwald wurde in 135 Teile oder Erbe eingeteilt, von denen jedes Erbe 16 kulmische Morgen umfasste jedes größere Haus der Stadt erhielt ein Erbe. Die kleineren Häuser erhielten weniger.

Ehe der Ellerwald besiedelt wurde, mußte der der Wald ausgerodet und das Land urbar gemacht werden. Viele der Elbinger Bürger besorgten dies selbst: die anderen aber übergaben ihre Landstücke Pächtern, meistens Mennoniten, die damals aus den Niederlanden in das Elbinger Gebiet kamen. Sie waren im Urbarmachen des Niederungsbodens ganz besonders gewandt und erfahren und haben deshalb auch für die Elbinger Niederung große Bedeutung gehabt. Ihre Frömmigkeit, ihr Fleiß und ihre Tüchtigkeit waren sprichwörtlich.

Eins der wichtigsten Erfordernisse für die Besiedlung des neuen Gebietes war natürlich eine ordentlich Entwässerung. Sie wurde dank der Kunst und Erfahrung der Mennoniten ganz hervorragend durchgeführt. Die Entwässerung des Ellerwaldes ist auffallend planmäßig. So eine Regelung findet man im ganzen Weichsel-Nogat-Delta nicht ein zweites Mal.

Das Land, das 1565 ausgegeben wurde, war ohne Triften und Gräben 146 Hufen 23 Morgen kulmisch groß. 53 Morgen des Ellerwaldes behielt der Rat für das Gemeingut der Altstadt zurück.

Schlecht kamen bei der Verteilung diejenigen Elbinger Bürger weg, die kein Haus besaßen. Sie meinten daher auch, es wäre ihnen Unrecht geschehen und beschwerten sich. Aber ihre Beschwerde wurde abgewiesen. Sie ließen jedoch nicht nach und gingen bis an den polnischen König. Erfolg hatten sie aber nicht. Sie gingen leer aus.

Zunächst war der Zins, den die Elbinger Bürger ihren Pächtern im Ellerwald abnahmen, sehr gering; denn aus dem eben urbar gemachten Land war vorläufig nicht viel herauszuholen. Als sich das änderte und das Land immer größeren Nutzen brachte, wurde der Zins erhöht. Aber bald kamen Rückschläge. Die Schwedenkriege des 17. Jahrhunderts, die für unsere Heimat so verhängnisvoll waren, brachten auch dem Ellerwald viele Leiden und Nöte. Dazu gesellten sich Seuchen, wie die Pest von 1709. Schießlich vernichteten die von den Niederungen so gefürchteten Überschwemmungen häufig auch den Wohlstand des Ellerwaldes. Da war natürlich an eine Erhöhung des Pachtzinses nicht zu denken. Ja, es gab Zeiten, in denen die Ellerwälder nicht einmal in der Lage waren, den Elbinger Bürgern überhaupt Zins zahlen zu können.

Da nun das Pachtgeld lange Zeit hindurch sich gleich blieb, die Kontrakte häufig auch gar nicht erneuert wurden, so sahen sich die Ellerwälder, die ursprünglich nur Zeitpächter waren, gar bald als Erbpächter an. Die Erbpacht aber war ein Zustand, der sich vom wirklichen Besitz des Grund und Bodens nur wenig unterschied.

Ja, es kam sogar vor, daß Ellerwälder ihre Grundstücke verkauften, ohne die Grundherrn, die Elbinger Bürger, zu fragen. Diesem unmöglichen Zustand mußte ein Ende gemacht werden. Daher erinnerte der Elbinger Rat am 22. August 1742 daran, daß die Grundstücke im Ellerwald mit den Bürgerhäusern in Elbing zusammengehörten und deshalb von ihnen nicht zu trennen wären. Die Elbinger Bürger blieben die Grundherren der Ellerwälder Grundstücke. Hätten sie nichtverjährte Kontrakte, so könnten sie mit ihrem Besitz machen, was sie wollten. Besäßen aber die Ellerwälder Kaufbriefe, so wären sie Erbpächter. Das Erbpachtverhältnis blieb bis ins 19. Jahrhundert hinein bestehen. Damals (1850) wurden durch die Agrarreform aus allen Erbpächtern allenthalben in Preußen freie Bürger.

Der Ellerwald nahm eine besondere Stellung unter den Elbinger Dorfschaften ein, bildete er doch gleichsam den Bürgeracker der Stadt Elbing. Während der ganzen polnischen Zeit wurde er von den drei Vorstehern des Gemeinguts der Altstadt verwaltet. Die Gerichtsbarkeit im Ellerwald hatte der Vogt. Die Verhältnisse waren hier so eigenartig, daß der Rat sich veranlasst sah, eine besondere Dorfsordnung des Ellerwaldes herauszugeben. Wenn er die Willküren (Verwaltungsordnungen) für die Höhe und die Niederung aus eigener Machtvollkommenheit schuf, so bedurfte er bei der Festsetzung der Ellerwälder Dorfsordnung der Zustimmung der „präsentierenden Gemeinde“.

Gleichzeitig mit der Aufteilung des Ellerwaldes am 10. Februar 1565 gab der Rat auch schon ein Regelwerk für den Ellerwald heraus, das 54 Artikel enthielt. Die erste Dorfsordnung wurde 1604 geschaffen und später mehrmals überprüft. So wurde sie z.B. am 3. November 1623 wieder herausgegeben. 1754 kam sie zum letzten Mal heraus, und zwar als Druckschrift.

Aus dieser Ordnung gewinnen wir ein Bild von den Zuständen die in der polnischen Zeit im Ellerwald herrschten.

An erster Stelle stand in dieser Ordnung das Gebot, das jeden Ellerwälder zur Frömmigkeit und Kirchlichkeit verpflichtete. Ein jeder sollte sich zu seiner zuständigen Kirche halten. Der Ellerwald war nämlich verschiedenen Kirchen zugeteilt, den Kirchen zu Zeyer und Neuheide, sowie verschiedenen Stadtkirchen, und zwar St. Annen, Heilige Drei Könige, Heilig Leichnam und St. Marien. So waren nicht weniger als sechs evangelische Kirchen für den Ellerwald zuständig.

Auf Sonntagsheiligung wurde sehr streng gehalten. Während des Gottesdienstes durfte niemand arbeiten oder verreisen, ebenso wenig durfte während dieser Zeit Bier, Branntwein und Tabak verkauft werden. Am Sonntag durfte in den Krügen weder Musik gemacht, noch Karten- oder Würfelspiel getrieben werden. Die Eltern hatten ihre Kinder regelmäßig zur Schule zu schicken.

Da der Ellerwald wohlhabend war, bestand Neigung zur Kleiderpracht, besonders bei den Frauen. Der Rat untersagte aber streng jeden Kleiderluxus.

Für Hochzeiten und Kindtaufen galten die im Elbinger Landgebiet üblichen Vorschriften.

In Ellerwald war das Schulzenamt nicht erblich. Die Schulzen wurden vielmehr gewählt. Erst 1592 wurden die fünf Schulzenämter geschaffen. Jedes der fünf Quartiere de Ellerwaldes hatte eine Schulzen und einen Ratmann, also nicht zwei Ratmänner, wie es in den übrigen Elbinger Dörfern der Fall war. Die Amtszeit der Schulzen und Ratleute währte drei Jahre. War sie abgelaufen, so fand die neue Wahl statt, und zwar immer nach der Eiswache. Die drei Vorsteher des Gemeingutes der Altstadt, die ja die Amtsherren des Ellerwaldes waren, bestimmten den Ort der Wahl. Da sie zur Zeit der Eiswache immer im Ellerwald sein mußten, war es am bequemsten für sie, die Wahl immer gleich darauf abzuhalten. Bei der Wahl schlug jeder Schulz sowie jeder Ratmann zwei tüchtige Männer als Nachfolger den Vorstehern vor. Diese konnten von diesen einen wählen oder auch den alten Schulz neu bestätigen. Sehr begehrt scheinen die Ämter nicht gewesen zu sein. Es kamen Ablehnungen vor, die mit der hohen Strafe von sechs Florin belegt wurden, zudem nichts halfen, da der Gewählte das Amt doch annehmen mußte. Wahlberechtigt waren also nur die drei Elbinger Bürger, die die Vorsteher des Ellerwaldes waren.

Die Schulzen hatten viele Pflichten. Sie hatten die Aufsicht über die Gemeinheitswirtschaft ihres Dorfes, zu der die Dämme, Ufer, Häupter, Mühlen, Schleusen, Gräben, Brücken und Triften gehörten. Nötige Ausbesserungsarbeiten hatten die beizeiten dem zuständigen Vorsteher zu melden, der dann die Verfügungen traf. Den Befehlen und Anordnungen dieses Vorstehers hatten sie getreulich nachzukommen. Die „Willkür“ des Ellerwaldes nebst der „Eiß-Wach-Ordinance“ hatten die Dorfsoberhäupter in ihren Schulzenladen aufzubewahren und jährlich nach der Eiswache den Nachbarn vorzulesen. In der Schulzenlade waren außerdem alle Amtsbefehle, Publikationen, Ordinancen, Willküren, die Brandordnung, die Dorfsrechnungen, die Dorfsbüchse und dergleichen aufzubewahren. Bei Scharwerken mußte der Schulz selbst zugegen sein. Bei Verkäufen und Teilungen hatte er darauf zu sehen, daß die neuen Besitzer nicht zu stark belastet wurden. Der Waisen hatte er sich anzunehmen und ihnen Vormünder zu bestellen. Der Schulz hatte auch für Unterhalt der einheimischen Armen zu sorgen. Fremdes Gesindel, aber besonders die Zigeuner, durfte er nicht in den Dorfsgrenzen dulden.

Für die Arbeitslast im Interesse des Dorfes bekamen die Schulzen drei freie Erbe. Die eingezogenen Strafen aber mußten sie mit den Ratleuten teilen.

Natürlich waren die Schulzen verpflichtet, die in der Willkür gegebenen Anordnungen in erster Linie selbst zu befolgen, besonders bei Eiswachen und Wassersnöten.

Die Nachbarn hatten den Anordnungen der Schulzen unbedingt zu gehorchen und Amts- und Schulzenbefehle ungesäumt weiterzuschicken. Wenn der Schulz die Gemeinde zusammenrief, so hatte jeder zu erscheinen. In den Gemeindeversammlungen war anständiges Betragen Pflicht. Zu den Scharwerken hatte jeder pünktlich an Ort und Stelle zu sein. Die Abgaben an die Herren des Landes, die Elbinger Bürger, waren ohne Säumen zu entrichten. Blieb jemand sie drei Jahre lang schuldig, so wurde sein Erbe öffentlich versteigert.

Neue Nachbarn und Gärtner durften in die Dorfschaft nur dann aufgenommen werden, wenn sie sich über ihr bisheriges gutes Verhalten ausgewiesen hatten. Wenn ein Nachbar und ein Fremder für ein Grundstück dasselbe boten, so war dem Nachbarn das Grundstück zu überlassen. Kein Bauer sollte seinem Erben zu früh sein Grundstück überlassen, um Altvater zu werden. Der Erbe aber, der ein Grundstück übernahm, sollte nicht zu sehr mit Ausgedinge belastet werden. Jeder Bauer hatte die Pflicht, gut zu wirtschaften, sonst wurde ihm sein Grundstück versteigert. Mit offenem Feuer und brennender Tabakspfeife durfte niemand sein Gehöft betreten, sonst wurde er streng bestraft. Die Schulzen und Ratleute hatten jährlich drei Mal die Schornsteine und Backöfen auf ihre gute Beschaffenheit hin zu prüfen. Jeder hatte dem Schulzen bei dieser Besichtigung bestimmte Stücke Feuerlöschgerät vorzuweisen.

Gegen Viehseuchen sollte jeder Wirt Mittel bereithalten. Gefallenes Vieh hatte er fern vom Gehöft zu vergraben. Die Wege waren immer ordentlich instand zu halten. Jeder hatte darauf zu achten, daß das Vieh an den Dämmen, Triften und Gräben keinen Schaden tat. Schwer bestraft wurde das böswillige Durchstechen der Triften. Ohne Erlaubnis der Vorsteher durfte niemand Schleusen öffnen, um Wasser in seine Gräben zu lassen.

Jährlich nach der Eiswache waren von den drei Vorstehern und den fünf Schulzen die Mühlen zu besichtigen und nötige Reparaturen anzuordnen. Die Kosten waren durch Umlage auf die Erbe zu decken. Die Umlagebeträge konnten die Wirte von den Erbpachtrenten, die sic an ihre Landherren zu entrichten hatten, abziehen. Die Betriebskosten für die Mühlen und die Ergänzungskosten für Schleusen, Dammholz und dergleichen aber mußten die Ellerwälder allein tragen. Die Vorsteher zahlten für die im Ellerwald liegenden Bürgerwiesen, die die Vorteile der Abwässerung Mitgenossen, jährlich 300 Florin aus den Einnahmen des Gemeingutes der Altstadt an die Ellerwälder. Was diese am Nogatdamm, an den Stauwällen und den Mühlengräben zu unterhalten hatten, war genau bestimmt. Da der Ellerwald im Norden vom Außenkämmeramt, im Süden vom Landrichteramt begrenzt wurde, so war auch der Nogatdamm im Wesentlichen nur bis zu diesen Grenzen von den Ellerwäldern zu unterhalten. Die Mühlenbauten wurden jeden Herbst von Deputierten der beiden Ordnungen der Altstadt Elbing (d. h. des Rates und der präsentierenden Gemeinde) und den Vorstehern besichtigt. Die Mühlen und die Müller waren den Schulzen unterstellt. Abgesetzt durften die Müller nur mit Genehmigung der Vorsteher. Diese hatten auch die Dammbauten anzuordnen, ihre Ausführung aber überwachten die Schulzen. Einer von ihnen oder den Ratsleuten mußte während der Bauarbeiten immer an Ort und Stelle sein. Die Strauchfuhren waren nach der Zahl der Erben zu leisten. Die durch die Bauten entstehenden Kosten wurden durch die Schulzen auf die Nachbarn verteilt. Bei den Eis- und Wasserwachten war die so genannte „Eis-Wach-Ordinace“ maßgebend.

Jährlich zweimal hatten die Schulzen die Gräben krauten zu lassen. Ebenso waren die Brücken und Pforten (Überfahrten) in Ordnung zu halten. Genaue bis ins einzelne gehenden Bestimmungen bestanden auch über den Schaden, der bei Wasserüberfällen entstand, über Viehtränken und Versetzung der Wassergänge.

Eine revidierte Damm- und Eiswachtordnung, oder wie sie damals genannt wurde, die „Revidierte Thamm- und Eißwach-Ordinance“ gab der Rat mit Zustimmung der präsentierenden Gemeinde dem Ellerwald im Jahr 1743. Sie wurde bei Preuß in Elbing 1754 gedruckt.

Aus dieser Eiswachtordnung ergibt sich folgendes Bild:

Die Aufsicht über die Dämme führten die Vorsteher. Bei Gefahr hatten sie Tag und Nacht anwesend zu sein. Ihren Befehlen war unbedingt Folge zu leisten. Zweimal jährlich fand Besichtigung der Dämme durch die Vorsteher statt. Die Dämme waren in gleiche Stärke und Höhe zu halten, am Ufer waren Dammschutzwerke anzubringen. Die Dammfuhren hatten die Nachbarn möglichst in eigner Person zu leisten. Die Stellen, von denen die Dammerde genommen werden durfte, waren genau bezeichnet. Dreimal jährlich sollte das Gras und Kraut auf dem Damm gehauen werden. Vieh durfte nicht auf den Damm getrieben werden. Die Ellerwälder hatten zu Dämmungszwecken fleißig Weiden zu pflanzen. Kurz vor dem Eisgange hatten die Nachbarn Mist auf den Damm zu fahren. Im Dielenhause, das auch Bohlen- oder Gerätehaus hieß, mußten vor dem Eisgang alle Geräte vollzählig vorhanden sein, und zwar: 3 Schock Dielen, 18 Schlägel (Holzhämmer), 12 Schock Spitzpfähle, 18 Teertonnen, 12 Leuchten (Kienfackeln) und 6 Äxte.

Auf die sechs Wachthütten waren diese Geräte bei beginnendem Eisgang gleichmäßig zu verteilen. Ebenso waren dort Wagen und Pferde bereit zu halten. Die Überfahrten am Damm waren mit Dielen und Mist zu sperren. Jeder Nachbar hatte sich mit Axt, Spaten und Forke am Damm in seinem Quartier zu stellen. Auf Eiswache hatte sich jeder still, ruhig, nüchtern und gehorsam zu verhalten. Nachts hatten zwei Nachbarn stündlich zu wachen. Nach einer Stunde wurden sie von zwei Mitnachbarn abgelöst. Sie hatten von einer Wachbude zur anderen hin- und herzugehen. Ohne Erlaubnis der Vorsteher durfte sich niemand von der Eiswache entfernen. Jeden Morgen und jeden Abend hatten die Schulzen Appell abzuhalten. Sobald bei einer Wachbude das Eis rückte, hatte der Schulz dies den Vorstehern in ihrem Quartier, der Hauptwachbude, zu melden. Die Wachmannschaften hatten dem Eise bis hinter Zeyer zu folgen. War Gefahr im Verzuge, so hatten die Mannschaften der benachbarten Ämter, des Landrichter- und Außenkämmeramts, zu helfen wie andererseits die Ellerwälder gegebenenfalls diese Nachbarn zu unterstützen hatten. In der höchsten Not waren die Teertonnen anzuzünden. Niemand durfte sich dann vom Damm entfernen.

Auch die Stauwälle am Haff, die für gewöhnlich die am Kraffohl wohnenden Gärtner zu bewachen hatten, mußten, wenn Not da war, von den Ellerwäldern geschützt werden. Nach der Eiswache wurden die Gerätschaften ins Dielenhaus zurückgeliefert. Der Dammschreiber hatte darüber Buch zu führen.

Die Vorsteher wurden auch Verwalter genannt. Einer von Ihnen hatte die oberste Leitung.

Sie vollstreckten die Strafen an denen, die sich gegen die Eiswachtordung vergangen hatten, nötigenfalls mit Unterstützung des präsentierenden Bürgermeisters.

Die Eiswachtordnung hatte alle ohne Ausnahme genau zu befolgen, die Vorsteher, die Schulzen und alle Ellerwälder.

So lagen die Verhältnisse im 18. Jahrhundert. Über das Deichwesen im 19. Jahrhundert, das umfassender geregelt war, ist an einer anderen Stelle berichtet worden.

Im Volksmund führen die fünf Triften des Ellerwaldes folgende Beinamen:

1. die erste > Herrentrift,

2. die zweite > Buttermilchtrift,

3. die dritte > Plintzentrift,

4. die vierte > Knüppeltrift

5. die fünfte > Kosakentrift.

Die dritte Trift wurde 1875 zur Chaussee ausgebaut. Sie war bis 192o sehr verkehrsreich. Seitdem aber hat der Verkehr stark nachgelassen, da die Nogat Grenze mit dem Freistaat Danzig geworden ist und die Grenzkontrolle den Verkehr naturgemäß stark behindert.

1891 begann man mit der Chaussierung der Quertrift von der dritten Trift bis zur Zeyerschen Fähre.

In kirchlicher Beziehung gehören heute die fünf Triften des Ellerwaldes zu folgenden evangelischen Kirchen:


Die erste Trift zu St. Annen, Hl. Leichnam, Neuheide und Zeyer.

Die zweite Trift zu St. Annen, Hl. Leichnam, St. Marien und Zeyer.

Die dritte Trift zu Hl. Drei Könige, Hl. Leichnam und Zeyer.

Die vierte Trift zu St. Annen, Hl. Leichnam und Zeyer.

Die fünfte Trift zu Hl. Leichnam und Zeyer.


Die Katholiken des Ellerwaldes sind zur Nikolaikirche in Elbing eingepfarrt.

Im Ellerwald gibt es neu heute viele Mennoniten, ist doch dieses Gebiet im 16. Jahrhundert im Wesentlichen von ihnen kolonisiert worden. Sie haben ein eigenes Bethaus in der ersten Trift, nahe an der alten Nogat. Die Ellerwälder Mennonitenkapelle ist ein Filial der Mennonitengemeinde Elbing-Ellerwald, die ihre Kirche in der Berlinerstraße hat. Bereits um 1550 haben sich aus Holland geflüchtete Mennoniten im Elbinger Gebiet niedergelassen. Man nannte sie Taufgesinnte oder nach Menno Simons (1492-1559), einem ehemaligen katholischen Priester, der sich um den Bestand und das Wachstum der Taufgesinnten in Holland und Norddeutschland das größte Verdienst erworben hat, Mennoniten. Der Volksmund entstellte hier das Wort in „Mannisten“. So gibt es bei Gr. Steinort „den Mannistengrund“, ein Zeichen dafür, daß auch dort einst Mennoniten wohnten. Höchstwahrscheinlich hat Menno Simons selbst um 1550 von Lübeck aus die ost- und westpreußischen Gemeinden gesammelt.

In der Stadt Elbing durften die Mennoniten zunächst nicht wohnen, sondern nur im Elbinger Landgebiet. Ausweisungen der Mennoniten wurden seit 1550 öfters angeordnet, aber nie durchgeführt. Im Gegenteil, die Taufgesinnten siedelten sich bald auch in der Stadt selbst an. 1585 erhielten zwei Mennoniten das Bürgerrecht, 1610 wurde es noch anderen verliehen, so daß 1612 schon 16 Mennonitenfamilien in Elbing wohnten. Sie durften nach ihrem Bekenntnis leben. Es wurde von ihnen nichts verlangt, was ihrer religiösen Überzeugung zuwider gelaufen wäre. So hoch schätzte man die Mennoniten wegen ihres Fleißes und ihrer Redlichkeit.

Die Mennoniten verwarfen die Kindertaufe und forderten die Erwachsenentaufe auf den Glauben des zu Taufenden hin. Sie forderten sittenstrenges Leben in der Nachfolge Jesu, verwarfen den Eid, das Kriegführen, allen Zwang in Glaubenssachen und die Verwandlungslehre beim Abendmahl. Schließlich forderten sie völlige Unabhängigkeit der christlichen Gemeinde vom Staat. Das gilt auch heute noch von den Mennoniten.

Bereits 1590 hatten die Taufgesinnten ein Gotteshaus in der heutigen Wilhelmstraße. Damals hieß sie „Kurze Hinterstraße“. Das mennonitische Bethaus befand sich in Nr. 8. Bis 1900 fanden hier die Gottesdienste der Gemeinde statt. Damals wurde die jetzige Kirche in der Berliner Straße erbaut. Die Mennoniten in Elbing und im Ellerwald bildeten von jeher eine Gemeinde. Sie hatten einen gemeinsamen Ältesten (der Älteste einer Mennonitengemeinde ist einem Geistlichen vergleichbar, wenn er auch Laie ist und seinen Dienst als Prediger und Seelsorger nebenamtlich versieht) und auch dieselben Lehrer (Lehrer sind die Laienprediger neben dem Ältesten) und Diakonen (die Diakonen sind für die Armenpflege bestimmt).

Von 1727 an ist die Reihe der Ältesten der Mennonitengemeinde Elbing-Ellerwald geschlossen bis heute, d. h. es sind uns alle ihre Namen und Amtszeiten bekannt. Aber auch vor 1727 werden schon etliche genannt. Um 1800 waren die Stadtgemeinde und die Landgemeinde für einige Jahre getrennt. Jede hatte ihren eigenen Ältesten. Von 1898 bis 1923 wirkte Rudolf Wiehler in großem Segen als Ältester. Er war der letzte Laienälteste. Seit dem 1. April 1923 hat die Gemeinde einen akademisch gebildeten Prediger. 1921 hatte die Gemeinde Elbing-Ellerwald 736 Seelen. Seit 1904 haben die Mennoniten ihren eigenen Friedhof: bis dahin begruben sie ihre Toten auf den evangelischen Kirchhöfen.

Neben der „Mennonitengemeinde Elbing-Ellerwald“ gibt es noch eine zweite Gemeinde, die sich „Elbinger Mennonitengemeinde“ nennt und die sich 1850 von der Muttergemeinde getrennt hat. 1852 erbaute sich die neue Gemeinde eine eigene Kirche in der Reiferbahn. 1869 wurde Carl Harder der Prediger der „Elbinger Mennonitengemeinde“, der schon um 1850 von Königsberg aus hier eine bedeutsame Wirksamkeit entfaltet hatte. Harder starb nach einem reich gesegneten Leben 1898. Im Jahre 1922 zählte die Gemeinde 450 Seelen.

Schulen muß es im Ellerwald schon in der polnischen Zeit (1466-1772) gegeben haben. Denn sonst wäre die Mahnung der Willkür, die die Eltern anweist, ihre Kinder fleißig zur Schule zu schicken, unverständlich. Bis 1821 waren es nur freiwillige Schulgemeinden, die die Schulen unterhielten und die auch die Lehrer selbst erwählten. Daher wechselten die Schulen beständig. Bald waren sie auf dieser, bald auf jener Trift, bald waren es mehr, bald weniger. 1786 gab es Schulen auf der dritten und vierten Trift, 1789 auf der zweiten, vierten und fünften Trift, 1794 auf der dritten und fünften Trift je eine, auf der vierten Trift zwei Schulen. Von 1806 bis 1809 bestand nur eine einzige Schule im ganzen Ellerwald, die sich auf der vierten Trift befand. Die Begründung des öffentlichen Schulwesens erfolgte 1821. Zu Ostern dieses Jahres wurden drei Schulen begründet, die noch heute bestehen.

Die Schule Ellerwald Nr. 1 liegt in der zweiten Trift. Das Schulgrundstück ist einen preußischen Morgen groß. Als es 1820 gekauft wurde, kostete es 500 Gulden. Bei der Überschwemmung von 1855 hatte die Schule sehr zu leiden, 1876 dagegen wenig. 1888 aber beschädigte das Wasser die Schule so sehr, daß 1889 eine neue gebaut werden mußte, und zwar ein Bohlenhaus mit Dachziegeln. Am 3. September 1889 wurde sie eingeweiht.

Die Schule Ellerwald Nr. 2 befindet sich in der dritten Trift. 1820 wurde sie auf dem einen halben kulmischen Morgen großen Schulgrundstück als Bohlenhaus erbaut. 1912 baute man an seiner Statt ein massives Gebäude.

Die Schule Ellerwald Nr. 3 auf der fünften Trift umfaßt die ganze fünfte Trift un den größten Teil der vierten Trift. Vom Einsassen Georg Vogt kaufte man 1820 einen halben kulmischen Morgen für 166 Taler. Der Verkäufer übernahm sämtliche Abgaben und Leistungen für diesen einen halben Morgen gegen jährliche Entschädigung der Schulgemeinde von vier Talern. 1820 wurde das Schulhaus gebaut mit einem Kostenaufwand von 716 Talern, abgesehen von den Hand- und Spanndiensten. Der Staat gab keine Beihilfe, damals ebenso wenig wie zum Bau des jetzt bestehenden Schulgebäudes. Die Schulgemeinde brachte auch das Lehrergehalt im Wesentlichen alleine auf. Diese eigentümlich Tatsache soll folgenden Grund haben: Der Staat forderte 1820 die Errichtung von vier Schulen. Die Ellerwälder bauten aber nur drei und verzichteten auf jede Staatsbeihilfe. Dafür durften sie sich ihre Lehrer aber auch selbst erwählen. Dieser Zustand währte bis 1920, als das jetzt geltende Volksschullehrer-Diensteinkommen-Gesetz herauskam. Der erste Lehrer an der Schule Nr. 3 war seit 1821 Karl Ferdinand Lau, der bis dahin das Schulamt in Wöklitz inne gehabt hatte. Am 17. April 1821 weihte Pfarrer Schirrmacher aus Zeyer (1820-57) die Schule ein. Der Lehrer erhielt freie Wohnung, Garten, Brennung und 126 Taler jährlich. Der Staat gab jährlich fünf Klafter Torf aus Moosbruch. Lau, der erste Lehrer der Schule Ellerwald Nr. 3 starb 1845. Er lebte noch lange im ehrenden Gedenken der Gemeinde fort. Sein Nachfolger, Theodor Ganz, kam noch in demselben Jahr aus Jungfer. Bei der Überschwemmung von 1855 hatte auch die Schule schwer zu leiden. Das Wasser stand in ihr 3 ½ Fuß hoch. Der Unterricht fiel elf Wochen lang aus. Die Reparatur im Jahre 1858 kostete 340 Taler. 1876 wurde die Schule durch Bruch des rechtsseitigen Nogatdammes bei Fischerskampe und die daraus folgende Überschwemmung wieder stark in Mitleidenschaft gezogen. Lehrer Ganz trat 1888 in den Ruhestand. Der Durchbruch der Nogat bei Jonasdorf am 25. März dieses Jahres vertrieb ihn vorzeitig von seiner bisherigen Wirkungsstätte. Er hat diese drei großen Überschwemmungen in Ellerwald erlebt, von denen die dritte die schlimmste war.

1895 wurde die alte Schule. Die aus Schurzbohlen erbaut war und ein Rohrdach hatte, auf Abbruch für 300 Mark verkauft und in demselben Jahr für 8500 Mark ein neues größeres Schulgebäude errichtet.

Ellerwald gliedert sich in fünf Dorfgemeinden. Es hat (im Jahre 1925!)


(Im Jahre) 1920, als der Freistaat Danzig gebildet wurde, kamen von dem Dorfe Zeyer, das im wesentlichen links der Nogat liegt und daher hinfort zu diesem neuen Staatswesen gehörte, die rechts der Nogat liegenden so genannten „Zeyerskirchenhäuser“, nämlich drei Katengrundstücke mit 2,82 ha und 35 Seelen zu Ellerwald 5. Trift. Die ebenfalls auf dem rechten Nogatufer stehende Kirche Zeyer hat trotz des heute irreführenden Namens schon vorher zu Ellerwald 5. Trift gehört.


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